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Immer wissen, woher der Wind weht: Beim Wetter und im Unternehmen

21. Februar 2024

Temperaturunterschied macht Druckunterschied macht Wind

Bild oben: Standbild einer Windanimation über Europa vom 22. Februar 2024 um 12:10 Uhr

“Da weht ein ganz anderer Wind” dürfte im allgemeinen Sprachgebrauch eine der beliebtesten Umschreibungen für “erkennbar neue Zustände” sein. Aber woher weht der Wind eigentlich? Und warum? Und wie stark weht er überhaupt? Wovon hängt das alles ab und was davon lässt sich vom Wetter draußen ins Unternehmen drinnen übertragen?


Die Sonne macht den Wind


Um es kurz und knapp zusammenzufassen, macht die Sonne den Wind. Genauer gesagt sorgen globale/regionale/lokale Temperaturunterschiede dafür, dass die Atmosphäre einen Ausgleich herbeiführen möchte, um wieder in einen stabilen Zustand übergehen zu können. Stichwort Druckausgleich. Jetzt könnten wir uns hinreichend ausführlich über Gleichungen zur Berechnung der Windstärke (vielen Dank an die ETH Zürich für dieses Paper über Atmosphärendynamik) auslassen, was ich uns im gegenseitigen Interesse ersparen werde. Vielmehr tut sich an dieser Stelle eine interessante Parallele in die Atmosphäre von Unternehmen auf, weshalb ich gleich einmal versuchen möchte, jetzt diesen sehr engen Kurvenradius (kaum zu glauben, dass auch dieser in der Meteorologie eine Rolle spielt) zu nehmen.


Temperaturgefälle sind entscheidend für die Dynamik - beim Wetter und im Unternehmen


Wer schon einmal erleben durfte, wie ein neuer Vorstandsvorsitzender (muss ich an dieser Stelle leider nicht gendern) einen Laden umkrempeln möchte, der weiß, was Temperaturgefälle in einem Unternehmen bedeuten. Da wird es so manchem der alteingesessenen Führungskräfte plötzlich ganz frostig (Temperaturunterschied!) ums Gemüt und den muss er natürlich ausgleichen (Weitergabe von Druck) und plötzlich pfeift es Abteilung XYZ, bzw. Middle Manager ABC heftig um die Ohren. Fast auf einen Schlag kommt eine ganz neue Dynamik in die Organisation und so manch einer bringt sich lieber erst einmal in Sicherheit und verkriecht sich. Den Kopf jetzt nur nicht zu weit rausstrecken, der Sturm wird schon vorüberziehen…


Frischer Wind schiebt die stickige Luft beiseite - in der Atmosphäre und im Unternehmen


Betrachten wir doch einmal die erfreuliche Seite des Windes: die frische Luft. Endlich ist es vorbei mit dem alten Mief, der lähmende Smog verzieht sich, man kann wieder freier atmen (oder freigestellt atmen, je nachdem, ob das Sturmversteck sicher genug war). Auf der Erde wäre es relativ schnell vorbei mit der Gemütlichkeit, würde die Atmosphäre sich nicht stetig dynamisch erneuern. Ich bin der festen Überzeugung, dass selbige Erkenntnis auch auf Unternehmen zutrifft. Es muss ja nicht immer gleich ein heftiger Orkan (vgl. Windstärke) sein, aber es kann ruhig mal etwas Bewegung in die Sache kommen. Langfristig wird dies das Überleben der Organisation sichern. Ohne Veränderung keine Anpassung, ohne Anpassung kein Weiterwirtschaften.


Ja, aber woher und wie stark weht er denn nun, der Wind?


Bei Wetter ist das relativ einfach: Ein geschulter Blick auf die Isobarenkarte lässt recht schnell erkennen, woher der Wind weht und ob er eher stark oder eher schwach ist. Die Isobaren beschreiben die Linien gleichen Luftdrucks und im Wesentlichen weht der Wind (nahezu) parallel dazu. Vielen Dank an dieser Stelle an den Coriolis-Effekt (Achtung: Nerd-Alarm!). Und um zu wissen, ob er entlang der Isobaren nun aus der einen oder aus der anderen Richtung weht, verschaffen wir uns einen Überblick über die Lage der Tief-, bzw. Hochdruckgebiete, in den Wetterkarten mit “T” (oder “L” für englisch Low), bzw. “H” gekennzeichnet. Auf der Nordhalbkugel weht der Wind entgegen dem Uhrzeigersinn um das Tief und im Uhrzeigersinn um das Hoch. Auf der Südhalbkugel ist es genau andersrum. Eigentlich würde der Wind direkt vom Hoch ins Tief fließen, aber der oben schon erwähnte Coriolis-Effekt hat was dagegen und lässt uns die Sache im wahrsten Sinne des Wortes krumm erscheinen. Bzgl. der Stärke gilt: Je enger die Isobaren beieinanderliegen, desto stärker weht der Wind. Der Grund dafür ist ganz einfach: ziemlich großer Druckunterschied auf ziemlich kurzer Strecke.


Dieses Wissen lässt einen beim Wetter recht zuverlässig einschätzen, “woher der Wind weht”. Im Unternehmen ist das zugegebenermaßen nicht immer ganz so offensichtlich. Aber über die “menschliche Unberechenbarkeit” haben wir uns an anderer Stelle ja schon ausgelassen. Eines ist jedenfalls sicher: Je größer der Temperaturunterschied (je kälter es einem also mit dem neuen Vorstand wird), desto stärker pfeift einem der Wind um die Ohren. ;-)


Mit heiteren Grüßen,


Michael Wohlstein

Organisationsmeteorologe

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